Hunde aus dem (Auslands-) Tierschutz
Wie gibst du gerade diesen Hunden die nötige Sicherheit?
Das Thema Adoption eines Hundes aus dem Ausland oder aber auch aus dem deutschen Tierschutz wird zum Glück immer populärer. Denkt man da mal einige Jahre zurück, haben sich nicht so wahnsinnig viele Menschen damit beschäftigt. Adopiert man einen Hund aus dem Tierschutz, adoptiert man eigentlich meistens eine kleine Wundertüte. Natürlich kann man das hier nicht pauschalisieren, aber ich denke auf meisten Fälle trifft das zu.
Beim letzten Mal habe ich ja schon die (Kurz)Geschichte von unserer Emma aus Rumänien erzählt. Emma war am Anfang ziemlich geflasht von den ganzen Reizen in ihrer neuen Umgebung. Was sie brauchte: Sicherheit, damit sie sich ganz entspannt in die neue Welt einleben kann. Unser Neuankömmling Kalle, ein Cane Corso aus dem Tierschutz, würde das bestimmt genauso bestätigen 🙂
Die Wundertüte Hund
Die Besonderheit bei der Adoption eines Tierschutzhundes liegt vor allem in seiner Vergangenheit. Selten weiß man, was die Fellnase schon alles erlebt hat. Womit hat der Hund schlechte Erfahrungen gemacht? Was sind seine Ängste und Unsicherheiten? Kennt er vielleicht die meisten Eindrücke gar nicht?
Man sollte sich also im Vorfeld schon Gedanken darüber machen, auf was man sich einlässt. Diese Entscheidung sollte man aber für sich selbst treffen und sie nicht von anderen Menschen treffen lassen. Die Erfahrung haben wir selbst auch gemacht.
Ganz nach dem Motto „Die Hunde aus dem Tierheim oder aus dem Ausland sind doch alle verkorkst, da würde ich die Finger von lassen“. Lasst euer Herz und euren Verstand entscheiden – das ist das Wichtigste!
Warum benötigt gerade ein Tierschutzhund Sicherheit?
Viele Hunde aus dem Shelter im Ausland oder aus dem Tierheim hier zu Lande haben schon früh ziemlich schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Sie wurden vielleicht sich selbst überlassen, wurden misshandelt und alles andere als artgerecht gehalten. Wie oft liest man, dass wieder Welpen in einem Pappkarton einfach irgendwo abgestellt wurden. Sie wachsen dann im Shelter oder im Tierheim auf. Gerade im Ausland fehlt bei so vielen Hunden die Zeit, sich ausgiebig um die Sozialisierung dieser Hunde zu kümmern.
Möglicherweise entstehen dadurch Deprivationsdefizite. Deprivationsdefizite, oder das Deprivationssyndrom bedeutet, dass Hunde durch fehlende Reize in der Welpen/- und Prägephase nicht lernen konnten, mit Sinnesreizen und neuen Situationen umzugehen. Die Nerven im Gehirn konnten sich in dieser wichtigen Zeit also gar nicht ausreichend verknüpfen.
Dauerstress, Nervösität, Angst, Aggression und ein kaum vorhandenes Selbsbewusstsein können die Folge sein. Es gibt so viele Faktoren, die den Hund unangemessen reagieren lassen. Sowas kann dem Hund natürlich nicht verübeln.
Doch gerade deshalb ist Sicherheit so wichtig. Geben wir dem Tierschutzhund also die so dringend benötigte Sicherheit. Doch wie macht man das am besten? In Watte packen und den ganzen Tag bequatschen ist wohl nicht die richtige Strategie.
So vermittele ich dem Hund Sicherheit – ein paar Tipps
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Calm Down
Damit der Hund überhaupt erstmal zur Ruhe und zu sich selbst kommen kann um bereit für die neue Welt sein zu können gilt es, den Stresspegel herunterzufahren. Das fängt schon in der eigenen Wohnung an. Der Neuankömmling braucht auf jeden Fall einen sicheren Rückzugsort, an dem er sich entspannen kann. Wichtig: Der Hund muss sich hier wohlfühlen und sicher sein, dass er nicht gestört wird. Streicheln, zuquatschen oder den Hund gar zur Bestrafung dorthin schicken ist tabu! Er wird hier in Ruhe gelassen und lernt damit, herunterzufahren. Wünscht sich der Hund Körperkontakt, wird er das selbstständig anzeigen und auf euch zukommen.
Bestens geeignet ist hierfür zum Beispiel eine Hundebox (bietet Schutz und Sicherheit) oder ein Körbchen in einem ruhigen und geschützten Bereich in der Wohnung. Im Flur oder an der Tür, wo ständig Action ist wäre nicht geeignet.
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Wellness für die Körper und Seele
Sofern sich der Hund gerne anfassen lässt, bietet sich die Möglichkeit an, Entspannungsübungen in den Alltag einzubauen. Kuscheln und Massagen lassen das Wohlfühlhormon Oxytocin ausschütten, was für die innere Ruhe super wichtig ist. Dadurch erreicht man also eine dauerhafte Stresssenkung. Im besten Fall braucht der Hund dann kein anderes Ventil zum Stressabbau mehr.
Fellkraulen und sanfter Druck bei Massagebewegungen wirken Wunder.
Diese Entspannungsübungen sollten aber auch nicht an seinem Rückzugsort stattfinden, denn da soll der Hund ja in Ruhe gelassen werden 😉
Besonders wichtig ist, dass ihr selbst entspannt seid. Hunde sind so feinfühlig, wenn man selbst gestresst und unentspannt ist, bringt auch eine Hundemassage nichts. Wer kann sich schon bei einem völlig abgenervten Masseur entspannen?!
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Kleine Helferlein
Es gibt unzählige Möglichkeiten, den Hund mit natürlichen Mittelchen beim Entpsannen zu helfen. Da wären zum Beispiel
- Rescuetropfen (in akuten Situationen wie Silvesterangst, Tierarztbesuche)
- Bachblüten als Globuli oder als Tropfen für eine länger anhaltende Anwendung (z.B. im Falle vom Umzug oder Besitzerwechsel)
- Aromaöle oder Beruhigungspheromone aus einem Zerstäuber – diese natürlichen und zur Entspannung beitragenden Stoffe, nimmt der Hund über die Nase auf. Oftmals reagiert der Körper dann entsprechend und entspannt sich. Auch hier gibt es viele passende Produkte
- ein Thundershirt: ein Thundershirt ist ein eng anliegendes Shirt für den Hund. Mit sanftem Druck auf den Hundekörper wirkt das oftmals beruhigend. Ähnlich wie beim Pucken eines Babys 🙂 Ein Thundershirt wenden wir bei unserem Kalle auch an, da er oft noch sehr ruhelos ist und Schwierigkeiten hat sich zu entspannen
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Struktur im Alltag
Rituale und Strukturen im Alltag helfen dem Hund, sich zu orientieren. Das gibt dem Hund wiederum Sicherheit und es stärkt die Mensch-Hund-Bindung. Feste Zeiten zum Gassi gehen, gewohnte Reize und feste Fütterungsrituale halten das Erregungslevel des Hundes niedriger.
Natürlich lassen sich neue Reize beim Spaziergang nicht immer vermeiden. Hier kommt euch wieder eine gute Hund-Mensch-Bindung zu Gute. Bei Angst oder einer hohen Anspannung sollte man den Hund aus der Situation herausholen. Durch die Ausschüttung von Stresshormonen kann der Hund sich nicht auf seinen Menschen konzentrieren und ist nicht wirklich ansprechbar. Den Hund aus einer solchen unangenehmen Sitation hindurchzuquälen erreicht das Gegenteil.
Bei positiven neuen Reizen, sollte man den Hund damit ruhig positve neue Erfahrungen sammeln lassen. Das Selbstbewusstein wird durch ein Erfolgserlebnis gestärkt.
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Kleine Schritte bringen den Erfolg
Geduld ist gefragt. Man sollte den Hund niemals unter Druck setzen. Kleine positive Schritte auf dem Weg zum neuen Selbstbewusstsein sind immens wichtig. Verläuft man sich mit riesen Schritten in eine falsche Richtung, ist eine Rückkehr zum richtigen Weg langwierig und schwierig. Kleine Schritte machen das Wachstum am Ende einfacher.
Dein Hund wird es dir danken
Tierschutzhunde brauchen also eine gute Struktur im Alltag und eine klare Kommunikation von seinem Menschen. Das alles gibt dem Hund die Sicherheit. Der Hund lernt, sich auf seinen Menschen verlassen zu können und positive Gefühle zu entwickeln. Empathie (aber kein Mitleid), klare Strukturen und Regeln, eine gute Bindung und Geduld ist der Weg zur Sicherheit. Mir persönlich hilft es zum Beispiel, mich in diesem Moment wieder zu finden. Nicht zu viel über die Vergangenheit des Hundes festzuhängen. Bei mir und meinem Hund in diesem Moment zu sein.
So wie die Fellnase das eben auch machen.
Ich hoffe, ich konnte ein paar kleine Tipps und Denkanstöße liefern zum Thema Tierschutzhund und seine Sicherheit.
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